Daniela, Kultur­ingenieurin

Daniela hat zwei Kinder (2 und 4) und arbeitet 70% als Kulturingenieurin bei einer Baufirma

Wir fragen: Daniela, beschreib doch mal einen typischen Arbeitstag von dir.

Daniela: An den Tagen, an denen sowohl ich wie auch mein Mann arbeitet, stehen wir um 6 Uhr auf. Während einer von uns beiden duschen geht, macht der andere das Frühstück und weckt die Kinder. Nachher tauschen wir und während der eine die Kinder anzieht, geht der andere schnell duschen. Kurz vor 8 Uhr sind wir alle abmarschbereit.

Ich empfinde die Morgen als recht anstrengend. Eigentlich würde ich ja gerne früher aufbrechen, doch das klappt meistens nicht, weil es uns wichtig ist, als Familie gemeinsam zu frühstücken. Der Morgen ist stark geprägt vom gefühlten tausend Mal «Anziehen, jetzt sofort, Zähneputzen, Haare kämmen, eincremen, Schuhe anziehen». Nicht selten endet das Ganze in einem Drama, wo man die Kinder dann unter Zwangsmassnahmen in die Schuhe stopfen muss. Das stelle ich mir eigentlich anders vor…

Nach dem Frühstück packe ich die Kinder in den Veloanhänger und liefere sie auf dem Weg ins Büro in der Krippe ab. Wenn ich dann um 8:30 Uhr ins Büro komme, lasse ich mir erstmal einen Kaffee raus und kann mich etwas entspannen. Dass ich dann schon seit 2.5 bis 3 Stunden wach und voll beschäftigt war, sieht natürlich keiner. Aber das geht vermutlich allen Eltern so.

Ich arbeite dann bis Mittag. Dabei versuche ich, die Mittagspause so kurz wie möglich zu halten. Da ich mit meinem Mann die Regel «Der eine bringt, der andere holt» habe, kann ich bis um 18 Uhr arbeiten. So komme ich auf meine 8.5 Arbeitsstunden und bin zeitgleich mit meinem Mann und den Kindern zu Hause. Wenn die Familie zu Hause ankommt, muss es schnell gehen mit dem Abendessen - die Kinder sind nach einem Krippentag völlig «dure». Es gibt dann kein grosses Rumgekoche sondern entweder Reste oder Brot und Käse. Das geht, weil wir ja mittags alle schon warm gegessen haben.

Wir fragen: Uh, hört sich anstrengend an. Kannst du anderen Familien noch einen Tipp geben?

Daniela: Das Prinzip «Der eine bringt, der andere holt» ermöglicht es uns, dass wir beide auf unsere tägliche Arbeitszeit kommen. Das kann ich also sehr weiterempfehlen.


Männer, die eine Teilzeitstelle suchen, werden benachteiligt

Vor einigen Tagen erschien an der Konjunkturforschungsstelle der ETH ein Artikel, der zeigt, dass Männer, die eine Teilzeitstelle suchen, bei der Jobsuche benachteiligt werden. Erstaunlich ist das nicht, aber frustrierend, da gut ausgebildete Frauen darauf angewiesen sind, dass die bezahlte und unbezahlte Arbeit in der Familie fair verteilt sind. Oft geht das nur, wenn auch der Partner sein Pensum reduziert.

Die Studie zeigt, dass in der Schweiz 59% der erwerbstätigen Frauen Teilzeit arbeiten; bei den Männern liegt dieser Anteil lediglich bei 18%. Dies hat einerseits damit zu tun, dass Männer deutlich seltener eine Teilzeitanstellung suchen als Frauen. Der Hauptgrund dürfte auf die immer noch traditionellen Geschlechterrollen zurückzuführen sein, denen zufolge Frauen die Hausarbeit erledigen, während Männer das Geld heimbringen.

Die Studie zeigt nun, dass auch die Unternehmen zu der ungleichen Verteilung von Erwerbsarbeit beitragen. Eine Auswertung einer der grössten Online-​Arbeitsmarktplattformen der Schweiz zeigte, dass Rekrutierende, die nach geeignetem Personal für ihre offenen Stellen suchen, weniger häufig Profile anklicken, in denen Männer angaben, Teilzeit arbeiten zu wollen. Zwar war die Kontaktwahrscheinlichkeit auch bei Frauen geringer, wenn sie den Wunsch nach Teilzeit statt Vollzeit angaben, bei den Männern war dieser Effekt aber deutlich ausgeprägter. So war beispielsweise bei einem Mann, der eine 90%-​Anstellung suchte, die Kontaktwahrscheinlichkeit um 16% geringer als bei einem Mann mit ansonsten identischen Merkmalen, der angab, eine Vollzeitstelle zu suchen. Bei Frauen ist der Nachteil hingegen weniger als halb so gross. Am grössten ist die Benachteiligung von Männern auf der Suche nach einer 50%- bis 59%-​Anstellung. Ihre Wahrscheinlichkeit, kontaktiert zu werden, reduzierte sich um ganze 28%.

Es scheint also, dass sich auch Rekrutierende von traditionellen Rollenbildern leiten lassen. Männer, die eine Teilzeitstelle anstreben, erscheinen Rekrutierenden offenbar als suspekt – und zwar bereits dann, wenn ein Mann ein 90%-​Pensum sucht.

Link auf den Originalartikel: https://kof.ethz.ch/news-und-veranstaltungen/kof-bulletin/kof-bulletin/2021/09/maenner-die-eine-teilzeitstelle-suchen-werden-benachteiligt.html


«What Works: Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann»

Bei der Einstellung, bei der Beförderung, beim Gehalt – trotz beträchtlicher Fortschritte werden Frauen in vielen Bereichen nach wie vor massiv benachteiligt. Anhand eines grossen Datenpools und zahlreicher konkreter Beispiele zeigt die Verhaltensökonomin Iris Bohnet, dass die Ursache dafür oft unbewusste Vorurteile und verzerrte Wahrnehmungen sind, die Entscheidungen auch dann beeinflussen, wenn wir fest glauben, dass wir objektiv sind. Die Harvard-Professorin Bohnet zeigt auf, was wir dagegen tun können – meist mit erstaunlich geringem Aufwand und überraschend schnellen Ergebnissen. Bohnets Abhandlung ist von ungebrochener Aktualität und bietet auch angesichts neuer Erkenntnisse eine reichhaltige Ressource sowohl für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber als auch für Angestellte.
München: H.C. Beck, 2017.


«The Gendered Brain: The neuroscience that shatters the myth of the female brain»

Karten oder Gesichter lesen? Barbie oder LEGO? Hast du ein weibliches Gehirn oder ein männliches – oder ist bereits diese Frage völlig irreführend? In unserer heutigen Welt begegnen wir alle der tief verwurzelten Überzeugung, dass unser Geschlecht unsere Fähigkeiten und Vorlieben bestimmt, von Spielzeug und Farben bis hin zu Berufswahl und Gehalt. Was bedeutet dies für unsere Gedanken, Entscheidungen und unser Verhalten? Gina Rippon, Professorin für kognitives Neuroimaging, analysiert die Stereotypen, mit denen wir von frühester Kindheit an bombardiert werden, und zeigt, wie diese Botschaften unsere Vorstellungen von uns selbst und sogar unsere Gehirne prägen. Auf Basis von hochaktuellen Erkenntnissen der Neurowissenschaften drängt Rippon uns, über eine binäre Sichtweise unseres Gehirns hinauszuschauen und dieses komplexe Organ als hochgradig individualisiert, tiefgreifend anpassungsfähig und voller unbegrenzter Möglichkeiten zu betrachten.
Bodley Head, 2020.


«Unsichtbare Frauen: Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert»

Ist Ihr Handy zu gross für Ihre Hand? Wird Ihr Herzinfarkt nicht diagnostiziert, da Sie «untypische» Symptome haben? Werden Sie bei einem Autounfall mit 47% höherer Wahrscheinlichkeit ernsthaft verletzt? Leisten Sie unzählige Arbeitsstunden, die nicht bezahlt oder geringgeschätzt werden? Von Regierungspolitik und medizinischer Forschung bis hin zu Technologie, Arbeitsplätzen, Stadtplanung und Medien – in «Unsichtbare Frauen» zeigt Caroline Criado-Perez, wie unzulängliche Datenerhebungen, -auswertungen und -verwendungen Frauen unsichtbar machen. Criado-Perez analysiert und interpretiert eine grosse Anzahl an Fallstudien und neuen Forschungsergebnissen aus der ganzen Welt, die eine beträchtliche geschlechtsspezifische Datenlücke offenlegen und diese als wichtige Ursache für die fortwährende, systematische Diskriminierung von Frauen erkennen lassen. Das Buch ermöglicht es, die Welt mit neuen Augen zu sehen und plädiert für einen Wandel des Systems.
München: btb, 2020 (englische Originalausgabe: «Invisible Women: Exposing Data Bias in a World Designed for Men», London: Chattus & Windus, 2019).


Vier SVIN-Frauen waren an der Frauensession 2021 dabei!

Die vier SVIN-Frauen Annik Jeiziner, Cristina Zanini, Jaël Keller und Medea Fux nahmen Ende Oktober an der Frauensession 2021 teil und haben dort unsere Anliegen vertreten. Sie gingen nach Bern, um den Anliegen und Visionen von MINT-Frauen auf Bundesebene gebührend Gehör zu verschaffen.

Die Frauensession 2021 am 29./30. Oktober 2021 war ein wichtiger und spannender Event!

Anlässlich des Jubiläumsjahres 2021 hat der Verein alliance F, der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen, gemeinsam mit den Evangelischen Frauen Schweiz (EFS), dem Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV), dem Dachverband Schweizerischer Gemeinnütziger Frauen (SGF), dem Schweizerischen Katholischen Frauenbund (SKF) und der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen (EKF) eine Frauensession geplant. Ziel der Frauensession 2021 war es unter anderem, dass die dringlichsten politischen Anliegen der Schweizer Frauen, die im Jubiläumsjahr geäussert werden, gesammelt, bearbeitet und als Forderungen an das Parlament formuliert werden. 246 Frauen* aus allen Regionen der Schweiz nahmen während zwei Tagen im Nationalratssaal Platz, diskutierten ihre dringlichsten Anliegen und behandelten Anträge aus eigens gebildeten Kommissionen. Zum Schluss überreichten sie Parlament und Bundesrat ihre konkreten Forderungen. Damit kam die Frauensession einer echten Parlamentssitzung so nahe wie nur möglich - genauso bindend sollen auch die Resultate sein.

Umso relevanter und bemerkenswerter war dieser Anlass für uns, da gleich vier SVIN-Frauen daran teilnahmen und es sich zum Ziel machten, die Anliegen und Visionen von MINT-Frauen einzubringen. Annik Jeiziner, Cristina Zanini, Jaël Keller und Medea Fux vertraten unsere Anliegen; vorgängig forderten sie alle SVIN-Frauen auf, ihnen im Rahmen eines Online-Treffens diesbezügliche Inputs zu geben.

Der Vorstand und alle SVIN-Mitglieder sagen DANKE für diesen Einsatz!

Bild: Zwischen eifrigen Verhandlungen im Nationalratssaal, von links: Jaël Keller, Karin Stadelmann, Cristina Zanini Barzaghi, Annik Jeiziner und Medea Fux

Lesen Sie hier die beiden Berichte zur Frauensession 2021 von Annik Jeiziner (deu) und Cristina Zanini Barzaghi (ita)

Presse
Corriere del Ticino, 17. November 2021
«Un momento privilegiato per noi donne» von Cristina Zanini Barzaghi (siehe linke Spalte)

 


OST neues Fördermitglied

Es ist offiziell: Seit September 2021 ist die Ostschweizer Fachhochschule OST neu Fördermitglied der SVIN! Es ist uns eine grosse Freude, die OST bei uns an Bord begrüssen zu dürfen und wir blicken gespannt auf die Zusammenarbeit in den kommenden Jahren!


Bericht zur GV 2021

Die diesjährige Generalversammlung fand bei unserem Fördermitglied AFRY Schweiz AG in Zürich Altstetten statt. Es war ein toller Anlass mit fast 40 Teilnehmerinnen. Besondere Highlights des Nachmittags waren das von AFRY organisierte Rahmenprogramm mit einem World Café zum Thema «New Way of Working», die Neuwahl von Linda Wymann in den Vorstand sowie der rege Austausch beim grosszügigen Apéro.
Ein wichtiges Thema während des Anlasses war vor allem das 30-Jahr-Jubiläum der SVIN, das wir im aktuellen Geschäftsjahr feiern. Die Planung des grossen Fests im Juni 2022 hat bereits begonnen.
Und last but not least: Gerne möchten wir an dieser Stelle nochmals Simone Creux danken. Sie verliess nach vielen Jahren den SVIN-Vorstand, für den sie wertvolle und umfangreiche Arbeit leistete. Wir freuen uns, dass sie uns als «normales» Mitglied erhalten bleibt! Hier geht es zum Film über die GV 2021.


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